Der Oberbau auf
Stahlschwellen
zuletzt bearbeitet am 1. Mai 2025
Ein Blick in die Schwellengeschichte
Die Stahlschwelle führt gemessen an ihrem epochenübergreifenden Vorbildvorkommen im Modellbau ein Schattendasein. Das ist bereits Thema im Beitrag zu den Oberbauepochen.
Mit der Weiterentwicklung der Hüttentechnik bei der Produktion von Schienen beginnt man auch ab den 1840er Jahren mit der Herstellung eiserner Schwellen als Alternative zu Holzschwellen und steinernen Auflagern. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wird sowohl der Langschwellen- als auch der Querschwellenoberbau vorangetrieben. Da beide Bauarten ihre Befürworter haben, produzieren die Hüttenwerke auch bis Ende des 19. Jahrhunderts zweigleisig.
Eiserne Langschwellen sind in nennenswertem Umfang nur in Deutschland verlegt worden; aber auch da werden sie bei Hauptbahnen kaum mehr verwendet und im Jahr 1905 betrug die Länge der auf Langschwellen liegenden durchgehenden Gleise nur noch 2%. – Die weitaus größte Verbreitung haben die Querschwellen. Diese haben zwar den Nachteil, daß die Schienen nicht fortlaufend unterstützt sind, man braucht deshalb stärkere Schienen als beim Langschwellenoberbau, dagegen wird die Spurweite, die Seitenneigung der Schienen und die Ueberhöhung des äußeren Strangs in Krümmungen durch sie am besten dauernd erhalten und damit die größte Betriebssicherheit erreicht. Außerdem kann bei Querschwellen die Bettung am besten entwässert und durch Einziehen weiterer Schwellen der Oberbau leicht verstärkt werden, ohne an den Einzelteilen etwas zu ändern.
Auch in Deutschland ist die Verwendung von Eisenschwellen bei den einzelnen Verwaltungen außerordentlich verschieden. Von den durchgehenden Gleisen lagen im Jahre 1905 auf Eisenschwellen in Baden 95,3%, in Württemberg 49%, in Preußen-Hessen 28,2%, in Bayern 22,9%, in Elsaß-Lothringen 18,2%, in Sachsen 1,7%, in Oldenburg 0,4% und in Mecklenburg sind Eisenschwellen in nennenswertem Umfang überhaupt nicht verwendet. Eisenschwellen erfordern als Bettungsmaterial möglichst hartes Geschläg; andernfalls verschlammt die Bettung rasch und muß erneuert werden. In Gegenden, wo Sand und Kies als Bettungsmaterial zur Verwendung kommen, sollten daher Eisenschwellen nicht verwendet werden; außerdem ist zweifellos, daß das Fahren auf Holzschwellen im allgemeinen sanfter ist als das auf Eisenschwellen.
aus: Lexikon der gesamten Technik, herausgegeben von Otto Lueger, 2. Auflage 1904–1920, bei zeno.org
Die Bahnunternehmen in Deutschland formulieren keine eindeutigen Argumente, die das eine oder das andere Material ausschließen oder bevorzugen. Nach der endgültigen Abkehr von Steinblöcken, Steinschwellen u.ä. 1876 (Technische Vereinbarungen des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen) wird es letztlich eine gesamtwirtschaftliche Entscheidung welche Schwellenart – Holz oder Stahl - wann und wo eingesetzt wird (abgesehen von betrieblichen Einschränkungen, s.u.).
Allgemein wird der Holzschwelle ein geringeres Fahrgeräusch und eine größere Elastizität (weicheres Befahren) zugesprochen (siehe auch oben, Lueger), mit ein Grund, dass die Reichsbahn für Strecken des hochwertigen Reisezugverkehrs (Sonderklasse) nur Holzschwellen vorsieht. Laut G. Schramm (1952) ist der niedrigere Lärmpegel messbar, eine höhere Elastizität kann durch Messungen nicht nachgewiesen werden. Er hält die Annahme für eine gefühlsmäßige Deutung der „leiseren“ Züge.
Ein wirtschaftliches Argument für die Stahlschwelle ist der sich früh abzeichnende Mangel an einheimischem Schwellenholz, verursacht durch die fast ausschließliche Verwendung von Eichenschwellen.
1952 beurteilt G. Schramm die weitere Entwicklung nach der Reichsbahngründung:
Inventur 1966
Über Jahrzehnte werden Verfahren entwickelt, die Kiefern- und Lärchenschwellen haltbarer machen sollen, Buche wird wegen ihrer Neigung zum Reißen, Biegen und Faulen lange abgelehnt. Letztendlich ermöglicht erst das weiterentwickelte Rüping-Tränkverfahren ab 1902 die Nutzung der in großen Mengen vorhandenen Buche als Gleisschwelle guter Qualität, was die Holzschwelle gegenüber der Stahlschwelle weiterhin im Rennen hält.
1939 wird die Produktion von Stahlschwellen endgültig eingestellt, weil das NS-Regime mehr Stahl für die Welteroberung braucht.
Dementsprechend finden sich bei den ersten Bestandsaufnahmen der neuen Bundesbahn über 40% stählerne Gleisschwellen. Bei den Weichen ist der Anteil noch höher: zum 31.12.1951 werden 111.995 Weichen – das sind 62,4% - mit Stahlschwellensätzen gezählt.
Mit der Einführung der Betonschwelle und auch der Streckenstilllegungen geht der Anteil der Stahlschwelle langsam zurück.
Die Tabelle zeigt die Zahlen der Oberbauinventur 1963. Auf der rechten Seite sind buchhalterische Werte angegeben:
leerer Rahmen > Sollalter
gefüllter Rahmen > tatsächliches Alter
ganz rechts: Wertberichtigung
Quellen:
Lueger, Angaben im Text
Jahrbuch des Eisenbahnwesens 1952
Elsners Taschenbuch für den Bautechnischen Eisenbahndienst 1956
Der Eisenbahningenieur 1965
Elsners Taschenbuch für den Bautechnischen Eisenbahndienst 1966
Breitschwellenoberbau
Ein Ergebnis der zunehmenden Verschweißung der Schienen ist sogar noch eine neue Oberbauform. Viele der dann überflüssigen Breitschwellen wandern nicht als Schrott in die Stahlproduktion, sondern werden per Verfügung als Mittelschwellen zugelassen. Nur längere Gleisabschnitte dürfen so (und nur durchgängig) gebaut werden. Einzelne Gleisjoche oder der Austausch einzelner oder mehrerer Normalschwellen gegen Breitschwellen ist nicht erlaubt.
Bei der Dampfbahn Fränkische Schweiz ist ein solcher Abschnitt erhalten, weitere Informationen findet Ihr bei einem H0-Puristen.
Quelle:
wenn man nicht alles gleich sorgfälltig dokumentiert, geht die Zettelwirtschaft verloren. Ich werde wieder drüber stolpern und dann nachtragen.
Wiederbelebung der Stahlschwelle?
Das oft behauptete Ende der Stahlschwelle ist immer noch nicht da. 1959 beschließt die UIC eine Norm für Stahlschwellen, wobei interessant ist, dass Stahlschwellen in Europa nur in Deutschland und der Schweiz größere Verbreitung erreicht haben und eine Weiterbeschaffung bei den Staatsbahnen laut Literatur nicht vorgesehen ist. Griechenland und die Türkei werden in der Literatur auch noch erwähnt.
Die UIC-Schwelle wird inzwischen als Sw 28 geführt.
Trotz des immer wieder zu lesenden Endes der Stahlschwelle entwickelt die DB noch eine weitere Bauform, die mit 100 mm Höhe den Abmessungen der Reichsbahnschwellen ähnelt.
Die Bezeichnung lautet Sw 82. Je nach Oberbau werden Zusatzeichen angegeben: 49, 54, 60, K oder W.
Breitschwellen werden für die neuen Stahlschwellen nicht mehr hergestellt, da die durchgehende Schweißung inzwischen Standard ist.
Die Bundesbahn baut 1979/80 drei Strecken(abschnitte) auf Stahlschwellen um. Zwei davon liegen im Saarland im hochbelasteten Zulauf zu Hüttenwerken. Das dritte Stück ist ein Gleisabschnitt der Fernstrecke Hamburg – Lübeck. Wie lange die Versuche dauern ist (noch) nicht bekannt.
Es wird von einer neuen Schwelle berichtet, deshalb vermute ich hier die oben genannte Sw 82.
Zur gleichen Zeit sind Stahlschwellen auch für die neuen S 54-Weichen im Gespräch (nicht realisiert).
Damit ist die Geschichte stählerner Querschwellen aber noch nicht abgeschlossen. Für manche Bahnanschließer werden weiterhin (Stand 2025) Gleis- und Weichenschwellen produziert, einheimische Walzwerke sind beteiligt.
Quellen:
Der Eisenbahningenieur 1960
Eisenbahntechnische Rundschau 1980
Iog 54.15.5000 und Iog 60.15.5000, DB-Systemtechnik 2005
Bearbeitung & Aufarbeitung
Für die Befestigung der Schienen müssen die verschiedenen Kleineisen auf der Stahlschwelle Halt finden können. Es gibt zwei Möglichkeiten:
Die Schienen liegen direkt auf der Schwelle auf: In die Schwellendecke werden Ausschnitte gestanzt, in die Hakenschrauben, Klemmplatten, Hakenplatten oder Hakenzapfenplatten eingreifen.
Die Schienen liegen auf Unterlagsplatten (meist Rippenplatten). Diese werden aufgeschweißt und sind die eigentlichen Träger für Hakenschrauben, Klemmplatten usw. .
Mit der Aufschweißposition der Platten wird die Spurweite bzw. die gegebenenfalls notwendige Spurerweiterung festgelegt.
Die Spurweite auf gestanzten Schwellen wird mit verschiedenen Klemmplatten oder Spurplättchen eingerichtet. Für Oberbauformen mit Leitschienen an Stützen gibt es radienabhängig unterschiedliche Lochungen.
Zur Kennzeichnung der Spur erhalten die Schwellen Schweißtupfen. Die haben bis 1950 einen Durchmesser von 8 mm bei 4 mm Höhe, danach wird die Sichtbarkeit bzw. Beständigkeit erhöht: Durchmesser 15 mm, Höhe 8 mm.
Details werden bei der Vorstellung einzelner Oberbauformen gezeigt.
Die eine oder andere Stahlschwelle kehrt in die Bahnwerkstätten zurück. Verschleiß, Korrosion oder auch Entgleisungen setzen dem Material zu. Besonders anfällig sind die kalt geschnittenen Lochungen, die immer wieder Ausgangspunkte für Risse sind.
Bei der Aufarbeitung wird sozusagen jeder noch brauchbare Zentimeter genutzt. Unbrauchbares wird abgeschnitten, durch Entgleisungen verbogene oder geknickte Schwellen werden nach Möglichkeit warm gerichtet.
Aus den Reststücken werden neue Schwellen zusammengesetzt.
Für die Verwendung mit der geneigten Rus 929 müssen die geknickten Schwellen zuvor gerade gerichtet werden.
Die Reichsbahn will die bekannten Fehlerquellen - wie Rissbildung durch die Lochungen in der Schwellendecke - vermeiden und setzt auf aufgeschweißte Rippenplatten. Die Schienenneigung 1:20 wird durch Knicken der Schwellen erreicht.
Mit den Schweißengungen müssen zunächst Erfahrungen gesammelt werden. Mangelhafte Schweißnähte führen zu Ablösen der Platten und/oder zu ihrem Durchbrechen durch die Schwellendecke. Insgesamt wird der Schweißung aber ein gutes Zeugnis ausgestellt.
Der Baudienst bemängelt aber, dass die geknickten Schwellen die Stopf- und Richtarbeiten erschweren.
Die Nachkriegs-Reichsbahn bzw. die neue Bundesbahn nutzen die neue Rus (Rippenunterlagsplatte für Stahlschwellen) 929, um das Problem langfristig zu lösen.
Zunächst wird 1949 ein Programm aufgelegt, die zahlreich vorhanden preußischen Stahlschwellen Sw 71 und Sw 66 mit 1:20 geneigten Platten zu versehen.
Dafür wird eine neue Rippenplatte Rus 929 eingeführt.
Um auch längere Risse um die Schwellenlochungen überdecken zu könnnen, wird die Platte auf 240 mm verlängert und als Rus 929b ins Programm aufgenommen. Die Rus 929 ist damit überholt.
Quellen:
Elsners Taschenbuch für den Eisenbahntechnischen Dienst 1950
Elsners Taschenbuch für den Bautechnischen Eisenbahndienst 1955
Elsners Taschenbuch für den Bautechnischen Eisenbahndienst 1958
Der Oberbau bei der Deutschen Bundesbahn, G. Wulfert, 1958
Der Gleisbau, E. Ensinger 1962
Unterhaltung von Weichen, DB-Fachbuch 8/16, 1979
Wo die Stahlschwelle nicht liegen soll
Bereits in der Zeit der Privatgesellschaften und Länderbahnen wird die Verlegung der korrosionsanfälligen Schwellen in Tunneln vermieden.
Die wie die Eisenbahnen mit enormen Tempo wachsende Industrie hinterlässt bereits aggressive Spuren in der Umgebungsluft, die dem ungeschützten Stahl ebenfalls zusetzen. In diesen Gebieten sollen Stahlschwellen ebenfalls nicht verlegt werden.
Private Betreiber müssen sich nicht danach richten: Der Stahlschwellenoberbau auf der Zeche Zollern in Dortmund ist heute noch zu besichtigen.
Einschränkungen bestehen darüberhinaus in Wegübergängen (schlechte Belüftung, was die Korrosion begünstigt) und in für die Stellwerkstechnik isolierten Abschnitten.
Bahnsteiggleise sollen ebenfalls nicht mit Stahlschwellen ausgeführt werden. Eine Begründung habe ich bisher nicht gefunden - mir selbst fällt bisher nur das lautere Fahrgeräusch als möglicher Grund ein.
Wo sie heute noch eingebaut wird
Bei der Staatsbahn gibt es auch aktuell (2025) noch Gelegenheiten, die Stahlschwellen erfordern und für die auch neue Schwellen beschafft werden. Dabei geht es weniger um das Material, sondern um die geringeren Abmessungen.
Die Standardschwellen haben Bauhöhen unter dem Schienenfuß von rund 15 - 17 cm (Holz) und 20 – 22 cm (Beton), inklusive Befestigungsmitteln. Beim Übergang des Gleises auf Brücken, Überwerfungsbauwerke oder Gleisabschnitte mit in der Höhe eingeschränktem Lichtraum - beispielsweise die untere Etage von Überwerfungsbauwerken - kann die notwendige Bettungshöhe unter den Schwellen fehlen. Dann wird auf eine flachere Schwellenform gewechselt, um ausreichend Schotter (min. 30 cm) unter die Schwellen bringen zu können.
In der Regel wird von Holzunterschwellung auf Stahlschwellen (nur 10 cm Bauhöhe) gewechselt, Betonschwellen werden meistens von den niedrigeren Holzschwellen abgelöst. Für den Epoche 6-Modellbau werden für solche Fälle besondere Beton-Flachschwellen (15 cm hoch) entwickelt, die einen durchgehenden Betonschwellenoberbau ermöglichen.
Die größte Publikumsnähe haben solche Fälle, wo Gleise an Bahnsteigen über die Quertunnel führen, die den Reisenden den Zugang zu ihren Zügen ermöglichen. Bis in die Modellepoche 5 werden in größeren Bahnhöfen auch noch separate Tunnel für den Gepäcktransport genutzt.
Hier liegen neue Sw 82 für die Erneuerung so eines Tunnelabschnittes im Bahnhof Göttingen bereit.
2017
Im vorderen Gleis werden Holzschwellen von Stahlschwellen abgelöst, hinten liegen Stahlschwellen im Betonschwellengleis.
Vorne Oberbau K, hinten Oberbau Ks
Münster Hbf 2017
Der Schwellenwechsel wird bei verlaschten Schienen in die Jochmitte gelegt. Das gilt auch für sonstige Oberbauwechsel.
Es kann auch vorkommen, dass ein ganzes Bahnsteiggleis auf Stahl verlegt wird, obwohl die Richtlinien Stahlschwellen an Bahnsteigen ausschließen. Bei der Modernisierung von Bahnhöfen werden die Bahnsteighöhen an moderne Standards angepasst. Die Planung muss die geforderte Höhe über S.O. mit weiteren Gegebenheiten wie Zugang für die Reisenden, vorhandenen Hoch- und Tiefbauten, Bahnsteigdach und Unterbau im Rahmen des verfügbaren Budgets übereinbringen.
Ob die genannten technischen oder finanziellen Gründe oder ganz andere Argumente hier ausschlaggebend sind ist nicht offensichtlich: Jedenfalls wird 2016 in Attendorn ein neues Bahnsteiggleis mit Stahlschwellen verlegt.
Quellen:
Der Oberbau bei der Deutschen Bundesbahn, G. Wulfert 1958
Anhang zu den Oberbauvorschriften 1949, Ausgabe 1960
Übergänge
… von Oberbaubauarten können die Wechsel von einer Schienenform auf eine andere sein und/oder der Wechsel der Unterschwellung.
Es wurde bereits erwähnt:
Eine Wiederholung schadet aber nicht, denn eine Beachtung dieser Regel habe ich bisher nur bei H0-Puristen gesehen. Möglicherweise kennen die Anbieter von Miniatur-Stahlschwellen(gleisen) diese Richtlinien auch nicht und können ihren Kunden deshalb auch keine Hinweise geben.
Bereits in den dreißiger Jahren werden die Übergänge zwischen unterschiedlichen Schienenprofilen vorzugweise verschweißt.
Die Schweißungen fallen in der Zeit tatsächlich sehr wulstig aus, Zeichnung von 1939. Ein passendes Foto muss ich noch wiederfinden.
Nach etwas Übung sieht das schon eleganter aus.
Die Schienenschweißung wird im Modellbau gerne ignoriert. Deshalb darf die verlaschte Variante auf keinen Fall fehlen.
Quellen:
Der neue Oberbau der Deutschen Reichsbahn und der Oberbau der Gruppe Preußen, G. Wulfert 1939
Der Oberbau bei der Deutschen Bundesbahn, G. Wulfert 1958
Oberbauformen
Zunächst: Eine Bauform der Stahlschwellen wird hier nicht besprochen. Die Y-Schwelle wird bei Weichen-Walter ausführlich gewürdigt, das muss ich hier nicht wiederholen.
Zwischenlager der Bm Göttingen
2020
Spurregelung Rus 25 + Sp 5 x