Bremsprellböcke
zuletzt bearbeitet am 17. November 2025
Vorweg:
Es werden nicht alle Bauarten angesprochen, der Schwerpunkt liegt auf der klassischen Form mit dem Stoßdreieck aus Schienenprofilen.
Bremsende Prellböcke
Bildergalerie
Die Anfänge
Ein Blick in die historische Fachliteratur kann die Leser staunen lassen (mich jedenfalls).
Eine Befragung der Mitglieder des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen 1902/1903 ergibt trotz einiger schwerer Unfälle (z.B. Frankfurt 1901) ein eher unaufgeregtes, vielleicht auch unambitioniertes Bild. Man gibt sich überwiegend mit improvisierten Erd- und Schwellenhaufen und mit Sand oder Kies überdeckten Gleisenden vor Festprellböcken zufrieden.
Längst haben die Eisenbahnen die Erfahrung gemacht, dass Festprellböcke keine zielführende Möglichkeit sind, Menschen und Material beim Auffahren eines Zuges z.B. in einem Kopfbahnhof vor Schaden zu bewahren. Dabei geht es in der Regel um Geschwindigkeiten von unter 15 km/h, wie eine Analyse der Aussagen der immer mit den einfahrenden Zügen mitlaufenden Gepäckträger im Frankfurter Hauptbahnhof ergibt (s.u.).
Etwa zehn Jahre nach Einführung der hydraulischen Prellböcke stehen solche (lt. Befragung 1903) in Straßburg (einer), Altona, Berlin-Potsdamer Bf, Cassel, Cöln, Erfurt (einer) und Norddeich Mole (einer). Die Bewertungen sind vorsichtig optimistisch.
Die Bahnverwaltungen versuchen die Einfahrgeschwindigkeiten in den Griff zu bekommen.
Geschwindigkeitskontrolle
Bei der Kontrolle der Geschwindigkeit sind die Lokführer überwiegend auf ihre Erfahrung angewiesen. Geschwindigkeitsmesser bzw. -schreiber sind auf den Fahrzeugen 1903 noch die Ausnahme und nicht einmal für schnell fahrende Lokomotiven vorgeschrieben. Sie werden auch nur bedingt für nötig gehalten.
Die Beispiele rechts stammen ebenfalls von einer Befragung 1902/1903
Eine Geschwindigkeitskontrolle findet außerhalb durch Einschätzung der Stellwerker/Fahrdienstleiter statt.
An manchen Gefahrpunkten sind Weichen mit anschließenden > 40 m langen Sandgleisen eingerichtet, auf die Züge bei drohender Gefahr geleitet werden können.
Diese Schutzweichen sind planmäßig in Richtung Sandgleis gestellt, erst wenn der Zug genügend langsam ist, wird die Weiche für die Einfahrt in ein Bahnsteigstumpfgleis umgestellt (aus der Antwort der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen).
Eine neue Einrichtung sind Gleiskontakte (Radtaster), die aber auch nur Meldungen ans Stellwerk geben können.
Ob diese auch in automatisierte Weichen- und/oder Signalstellungen einbezogen werden, wird aus den wiedergegeben Antworten der Bahnverwaltungen nicht ersichtlich.
Festprellböcke
entspringen dem Gedanken, dass nur kräftig ausgebildete starre Konstruktionen die Energie rollender Fahrzeuge bändigen können. Dieser Ansatz hat auch über Jahrzehnte das gesamte Oberbauwesen geprägt.
Das passt für einzelne Wagen, die mit Schrittgeschwindigkeit in ein Abstellgleis abgestoßen werden, bei größeren Massen und/oder Geschwindigkeiten sind diese Prellböcke überfordert und können den Schaden sogar eher vergrößern als vermeiden.
Von 1903 stammt dieser Entwurf eines verstärkten Festprellbocks für die Sächsischen Staatseisenbahnen.
Es wird regelrecht aufgerüstet gegen die immer schwerer werdenden Fahrzeuge. Gegen die Auflaufrichtung geneigte und im Boden verankerte Pfosten, diagonale Verspannungen und Streben und ein massiver Bruchsteinaufbau wirken geradezu unüberwindbar.
An dem Problem der schlagartigen negativen Beschleunigung - von X auf Null in null Sekunden - und der daraus resultierenden Zerstörungskraft ändert das nichts.
Die Absicherung durch Schutzweiche und Sandgleis kann allerdings berücksichtigt werden (s.o.).
Bremsende Prellböcke
Hydraulische Prellböcke
… werden schon in den Schlussfolgerungen zur Befragung 1902/03 (Abbildung oben) angesprochen. Das Prinzip wird um 1890 in England entwickelt. Die ersten werden bald auch bei deutschen Bahnen aufgestellt. Die Funktion beschreibt Artur Fürst in Die Welt auf Schienen (1918) anlässlich der Eröffnung des neuen Leipziger Hbf 1915. Nähere Quellenangabe siehe unten.
Eine sanfte Bremsung der zu schnell einfahrenden Züge von außen her, wenn die eigentliche Zugbremse versagt, mußte also auch an den Gleisköpfen versucht werden. Aufgabe war, nicht eine unbewegliche Zyklopenmauer dem Zug in den Weg zu stellen, sondern eine Vorrichtung zu ersinnen, die ihn aufnimmt und langsam zum Stehen bringt. Man hat eine solche langsame Abbremsung der Züge durch die Aufstellung von Wasserprellböcken herbeizuführen gesucht. Diese haben mehrere Meter lange Puffer, deren Schäfte in Zylinder eintauchen. In diesen befindet sich Wasser, das zur Vermeidung des Einfrierens mit Glyzerin vermischt ist. Werden die Puffer eingedrückt, so kann das Wasser durch schmale Nuten aus dem Zylinder hinausgedrückt werden, wobei es einen Widerstand ausübt. Dieser wird immer stärker, je tiefer die Puffer hineingeschoben werden, da die Nuten sich nach hinten zu verengen, so daß der Austrittsquerschnitt für das Wasser sich verringert. Man will hierdurch einen langsam ansteigenden Gegendruck bewirken, der den Zug allmählich zum Stehen bringt. Aber die Pufferlängen sind viel zu kurz, um ein auch nur einigermaßen stoßloses Aufhalten des Zugs zu ermöglichen.
Die Bauart bewährt sich, sie hat aber auch ihre Grenzen. Die Kölner Angaben stehen stellvertretend für die anderen Einsatzorte.
Gleitende Bremsprellböcke - erste Entwürfe
Die Kalker Werkzeugmaschinenfabrik (damals in Kalk bei Köln) entwickelt eine Anordnung, bei der das Fahrzeug selbst durch sein eigenes Gewicht die Bremswirkung erhöht (Patent 69666 von 1892)
In der Zeichnung fährt die Lok auf einen Schlitten, der fest mit dem Prellbock verbunden ist. Sollte die Geschwindigkeit zu hoch sein, gleitet sie auf dem Schlitten, bis die Reibung die Bewegungsenergie aufgezehrt hat. Der Bremsweg kann durch Aufschüttung von Sand, Kies oder Schotter weiter verkürzt werden.
Der gleitende Prellbock kann auch mit den neuen hydraulischen Prellböcken (s.o.) kombiniert werden.
Es gibt weitere ähnliche Entwicklungen.
Rawies Anfänge
Eine der ersten Konstruktionen steht nicht auf den Fahrschienen, sondern auf neben diesen liegenden Extraschienen. Prellbock, Extraschienen und Schwellen sind fest verbunden, die Fahrschienen werden auf den Schwellen nur durch lockere Klemmung geführt. Ein auflaufendes Fahrzeug kann die gesamte Prellbock-Schienen-Schwellen-Einheit verschieben. Die Bewegungsenergie soll in der Bettung vernichtet werden, was natürlich einen gewissen Aufwand für die Wiederherstellung der Anlage erfordert.
Die Prellbockschienen werden so weit vorgezogen, dass die Schwellen von den auflaufenden Fahrzeugen belastet werden, damit die Fahrschienen durch das Kippmoment beim Aufstoß nicht beschädigt werden (z.B. Reißen der Laschen an den Stößen).
Rawies Versuche in Frankfurt a. Main
Der Unfall des Oostende-Wien-Express im Frankfurter Centralbahnhof 1901 gilt als Anlass für die Bemühungen von A. Rawie, einen wirkungsvollen bremsenden Gleisabschluss zu entwickeln.
Nach ersten erfolgreichen Versuchen am Firmensitz Osnabrück, dem Umland und dann im Ruhrgebiet wird die ED Frankfurt auf das Projekt aufmerksam und beginnt die Zusammenarbeit mit der Firma Rawie.
Dazu zeige ich hier Ausschnitte aus dem Bericht über die Versuche 1909 im Bahnhof Isenburg und den ersten Einbau im Hauptpersonenbahnhof Frankfurt a. M. .
Weil die Geschwindigkeiten der einfahrenden Züge nicht erfasst und aufgezeichnet werden (s. o.), müssen Zeugenaussagen eine Einschätzung ermöglichen, welche Leistungsfähigkeit der geplante Prellbock haben muss.
Der Versuchsprellbock wird auf einer Betonplatte aufgebaut. Beim Verschieben entstehen dadurch keine Schäden in der Bettung, die sonst wieder hergerichtet werden müsste, und das Zurückziehen wird ebenfalls erleichtert.
Die ersten Fahrten finden mit einer ausgemusterten, kalten und unbemannten Lokomotive und vierachsigen Personenwagen, die von einer mit einem zuverlässigen Geschwindigkeitsmesser ausgestatteten Lokomotive geschoben werden.
Nachdem man die Auswirkungen bei verschiedenen Geschwindigkeiten einschätzen kann, wird auf den Dummy an der Zugspitze verzichtet und eine reguläre bemannte 2’ C-Lokomotive führt den Zug.
Für den Menschenversuch werden keine Arbeiter einbestellt, sondern leibhaftige Oberbeamte übernehmen die riskante Aufgabe.
Die Ergebnisse der Versuchsreihe:
Liebhaber mathematischer Formeln, können die Herleitung im Originaltext (Organ … 1910) genießen, ich begnüge mich hier mit dem Endergebnis:
Ein D-Zug aus Lok und zwölf Vierachsern mit 20 km/h wird auf etwas mehr als 11 Metern zum Stehen gebracht.
Platzmangel ist kein Privileg der verkleinerten Eisenbahnen. Auch im Maßstab 1:1 wird um jeden Meter gefeilscht. Zu der Zeit ist der Querbahnsteig direkt hinter den Gleisen noch den Bahnbeamten vorbehalten. Die Gleise werden durch den Quersteig für den kalkulierten Rutschweg verlängert und mit Platten abgedeckt, die sich im Ernstfall über den durchrutschenden Prellbock schieben sollen.
Die Angelegenheit wird nach Einbau des ersten Bremsprellbocks im Frankfurter KOpfbahnhof erfolgreich getestet.
Solche und ähnliche Vorrichtungen sind auch heute noch in vielen Kopfbahnhöfen vorhanden, wo inzwischen die Querbahnsteige den Reisenden zugänglich sind.
Die beiden Zeichnungen zeigen den Aufbau für die Frankfurter Versuche und die verschiebbaren Abdeckplatten des Prototypen im Hauptbahnhof.
Für die Extra-Scans (Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens 1910 & 1911) bedanke ich mich bei der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, Digitale Sammlungen.
Schleppschwellenprellböcke (nicht nur) für Kopfbahnhöfe
In der Patentschrift 225490 von 1909 hat Rawie bereits das Schleppschwellenprinzip und die sich übereinander schiebenden Abdeckungen vorgestellt.
Die endgültige Fassung wird in vielen Stumpfgleisen der deutschen Bahnen aufgestellt - nicht nur in Kopfbahnhöfen, sondern auch in Schutzgleisen.
Foto aus Die Welt auf Schienen, Artur Fürst 1918
Dieses Foto wird 1957 veröffentlicht (Kassel?), der Aufnahmezeitpunkt ist nicht klar.
Ich gehe davon aus, dass der Bremsprellbock am Ende eines Einfahrstumpfgleises steht, und wundere mich über die Signalisierung mit Sh 0 statt Sh 2.
Vielleicht weiß jemand, ob es mal eine Signalordnung gab, die das so vorsah. Mitteilungen sind erwünscht.
Solche Prellböcke stehen bis in die 2000er Jahre in allen großen deutschen Kopfbahnhöfen, nach und nach werden sie durch modernere Bauarten ersetzt.
Bremsprellböcke der Reichsbahn
Bremsprellböcke machen nicht nur in Kopfbahnhöfen Sinn. Rawie und diverse weitere Firmen entwickeln Konstruktionen für den einfachen Bedarf. Darunter sind einige, die einen teilweise erheblichen Bauaufwand für die Aufstellung erfordern und auch vielteilige Bremsvorrichtungen haben. Letztlich setzen sich die Bauarten durch, die schnell und unkompliziert an jedem beliebigen Ort aufzustellen sind. Auch hier entwickelt sich Rawie aus Osnabrück in der Modellepoche 2 zum Marktführer.
Auf Grund der großen Verbreitung wird der Name RAWIE zum Synonym für Bremsprellböcke.
Hinweis zu den angegebenen Patentschriften: Eine Vielzahl der Rawie-Patente wird unter den Namen der Entwickler Wilisch, Lotze u.a. angemeldet. Die Daten für Anmeldung, Erteilung und Anwendung der Patente können weit auseinander liegen.
1922 wird noch der Reibungswiderstand eines Sandhaufens zu Hilfe genommen. Das lässt sich noch mit vertretbarem Aufwand auf- und abbauen (Patent 378218).
Hier wird die Bremswirkung allein durch den Druck auf die Schüttung erreicht. Die Klauen (Teile 7 & 8), die den Schienenkopf umfassen, haben keine Bremswirkung, sondern verhindern nur das Abheben der Konstruktion von den Fahrschienen (5).
1925 wird ein wirklich freizügig einsetzbarer und einfach konstruierter Bremsprellbock vorgestellt (Patent 434564).
Die Köpfe der Fahrschienen (a) werden von auf dem Kopf stehenden Schienen (b) und einem Holzklotz oder Holzbalken (d) geklemmt. Auf dem Bolzen (e) sitzt noch eine Druckfeder (f), die für Elastizität und gleichbleibenden Druck sorgen soll.
1927 meldet F. Rawie die Einrichtung zur Rückführung gleitender Prellböcke zum Patent an (Patent 462596).
Verschobene Prellböcke müssen an ihren Standplatz zurückgezogen werden, in der Regel von einer Lokomotive. Der Arm des beweglichen Hakens stößt an vorgesehener Stelle gegen einen Anschlag und gibt das Zugseil frei. Dadurch kann der Prellbock exakt positioniert werden, ohne dass zusätzliches Personal dem Lokführer Signale geben muss.
Der Haken wird von einer Blattfeder (g) in der Grundstellung gehalten.
1930 werden die Bremsorgane weiterentwickelt (Patent 545586).
Die hölzernen Bremsklötze sind witterungsanfällig und können ausgetrocknet ihre Bremswirkung verlieren. Alternativen aus Stahl neigen nach längerem Nichtverschieben zum Festrosten und der Reibwert Stahl/Stahl wird als nicht wirklich ausreichend empfunden.
Die hier sogenannte Bremsmasse (4) aus einer Nichteisen-Legierung (z.B. Rotguss, Bronze) soll gute und auch gut dosierbare Reibwerte erreichen, ohne Festrosten und Festfressen befürchten zu müssen.
Die Musterzeichnung aus der Patentschrift zeigt pr. Form 8-Schienen, denn das neue S 49-Profil kommt für solche Zwecke nicht in Frage. Der Prellbock wird auf den Bremsschienen (3) aufgebaut.
Diese Bauart mit den stark bearbeiteten Schienen (5) für die Klemmung bleibt für zwei Jahrzehnte die Standardbauart der Reichsbahn (so interpretiere ich das Folgepatent von 1951).
Wie bei Laschenstößen sitzen die Muttern (7) auf der Gleisinnenseite. Möglicherweise werden die in der Praxis wie später bei der Bundesbahn (s.u.) auch andersherum angebracht. Einen Bildbeleg habe ich noch nicht gefunden.
Bremsprellböcke der Bundesbahn
1951 wird in der DV 813 geregelt, dass Festprellböcke nur noch in untergeordneten Stumpfgleisen zugelassen sind, wo mit einer maximalen Auftreffgeschwindigkeit von 1 m/s (3,6 km/h) gerechnet wird. Bei Neu- und Umbauten sollen aber nur noch Bremsprellböcke Typ RAWIE eingebaut werden. Sonderkonstruktionen – z.B. Bauarten mit Puffern oder Schleppschwellen – werden nur im Einzelfall genehmigt. Hinter den Prellböcken sollen 5 m Gleis als Bremsweg zur Verfügung stehen.
Nach Gründung der Bundesbahn wird weiterentwickelt: Die Herstellung der Bremsorgane wird vereinfacht.
Die aufwendig bearbeitete Klemmschiene wird durch ein gepresste Klemmlasche (3, auch Bremshalter) ersetzt. Das ist preisgünstiger und ermöglicht das Einpressen kleiner Nasen (4), die die Bremsleisten (5) aus einer Nichteisenlegierung (Messing, Rotguss u.ä.) fixieren. Diese verdeckten Teile erbringen anliegend (6 & 7) an der Fahrschiene (1) die Hauptbremsleistung, nicht die größeren und besser sichtbaren Bremsfutterstücke (12) aus Grauguss. Die dienen nur der Abstützung für die Klemmlasche (3).
Je nach Zustand der Fahrschiene (Bauart, mehr oder weniger abgefahren) gibt es passende Futterstücke.
Anders als gezeichnet: Die Verschraubung wird gespiegelt, Mutter und Federring sitzen am Steg der Bremsschiene (2). Zwischen Klemmlasche und Vierkantkopf wird ein gepresstes Blech als Verdrehschutz angeordnet. Außensitzende Muttern sind leichter erreichbar, wenn die Bremsorgane zum Zurückziehen des Prellbocks gelöst werden.
Auf dieser Zeichnung (aus Patentschrift 834572 von 1951) nicht dargestellt: Der Kopf der Bremsschiene und die Befestigung der Fahrschiene (Hakenplatte o.ä.) stören sich nicht. Das ändert sich, als ab Modellepoche 4 auch Prellböcke mit S 49-Bremsschienen auf K-Oberbau verwendet werden. Dann müssen die Köpfe der Bremsschienen behobelt werden.
Hier ist eine Form 8-Bremsschiene an den Spannklemmenoberbau angepasst worden. Die Stoßdreiecke des Neubauprellbocks sind aus walzfrischen S 49-Schienen aufgebaut (Hannover 2017).
Alle Zeichnungen zeigen Anordnungen auf ungeneigten Schienen. Bremsprellböcke aller Art werden aber auch auf geneigten Schienen aufgestellt.
Es kommt vor, dass sich herabhängende Kupplungsbügel unbemerkt im Haken der Rückholvorrichtung (1927 s.o.) verfangen und beim Abziehen der Wagen Schäden verursachen. Auch dafür haben die findigen Rawie-Tüftler eine Lösung: Ein Drahtbügel (13) wird über das Hakenmaul geschoben und verhindert derartiges Ungemach, bei Abschleppbedarf wird er zurückgeschoben.
(Zeichnung aus Patentschrift 1028605 von 1958)
Irgendwann (?) werden Haken und Sicherungsbügel ganz weggelassen, ein in den Quer/Kreuzverband eingeschweißtes oder eingeschraubtes Blech mit Öse für einen Haken o.ä. reicht dann aus.
Zu Beginn der Modellepoche 4 sind die europäischen Bahnen noch zuversichtlich, dass die automatische Mittelpufferkupplung in absehbarer Zeit eingeführt wird. Im Fahrzeugbau wird das bei der Gestaltung der Untergestelle bereits berücksichtigt.
Das Gesicht der Bremsprellböcke ändert sich, weil für eine Übergangszeit Fahrzeuge mit alten und neuen Zug- und Stoßvorrichtungen in Betrieb sein werden. Die durchgehende Bohle wäre der AK im Weg, deshalb wird sie in zwei Pufferklötze aufgelöst.
Die Standardgröße ist B 450 * H 500 mm. Der Mittenabstand entspricht nicht der Fahrzeugnorm (1750 mm), sondern richtet sich nach der Prellbockkonstruktion: bei den hier gezeigten Ep. 3&4-Modellen um 1600 mm.
Der abgearbeitete Kopf der Bremsschiene ist zwischen den Gräsern zu erkennen. Der Standort des Prellbocks ist hier außer mit den neben dem Gleis stehenden Pfosten auch noch mit weißer Farbe auf den Fahrschienen markiert (Herzberg 2024).
Je nach Einsatzort haben die Bremsprellböcke 4, 6, 8, oder 10 Bremsorgane. Meistens sind die mit 8 Bremsorganen anzutreffen. Darüber hinaus können die Stoßdreiecke (die eigentliche Stahlkonstruktion) nach Bedarf verstärkt ausgeführt werden. Es gibt verschiedene Ausführungen der Kreuzverbände und der vorgeschriebenen drei Querverbindungen, unterschiedliche Anordnungen der Rückholvorrichtungen sorgen für weitere Vielfalt im Erscheinungsbild der Konstruktionen.
Auf die Zeit ohne Seitenpuffer ist man bei Rawie auch schon vorbereitet, der AK-kompatible Pufferklotz (28) ist schon konstruiert.
Zeichnungen aus Patentschrift 178034 von 1972
Auch wenn längst nicht alle Varianten angesprochen worden sind und die Entwicklung natürlich auch noch weitergeht, mache ich hier (Stand Modellepoche 4) aber erst einmal halt.
Nur zwei Sonderbauarten sollen noch kurz vorgestellt werden:
Schwenkbarer Bremsprellbock
Diese Entwicklung zum zeitweiligen Absperren von Durchgangsgleisen ist für Rangieranlagen, Fährschiffe u.ä. gedacht.
Zeichnung aus Patentschrift 884956 von 1951
Weitere Entwicklungen sind versenkbare Bremsprellböcke.
Richtwände (bremsend)
Richtwände werden seit dem 19. Jahrhundert in Rangieranlagen genutzt. In Längsrichtung verschobene Ladungen können in die verkehrstaugliche Lage zurückgebracht werden, indem die Wagen gegen diese Richtwände gedrückt werden.
Diese Vorrichtungen erscheinen in dieser kleinen Abhandlung nur, weil Rawie eine Ausführung mit Bremswirkung vorstellt.
Um Gleisbeschädigungen durch die Kippwirkung der Richtwand vorzubeugen, steht sie auf einem verstärkten Gleisabschnitt (siehe auch nächster Abschnitt Zusatzbremsen).
Zeichnung aus Patentschrift 803777 von 1948
Zusatzbremsen
Weiter oben wird beschrieben, dass die ersten gleitenden und durch Reibung bremsenden Prellböcke zusätzlich noch durch Sand oder in der Bettung abgebremst werden. Diese Medien können im Winter einfrieren und aus einem gleitenden einen festen Prellbock machen.
1925 erhalten Pauline Scherbarth und Elisabeth Hahn ein Patent auf einen verschiebbaren Prellbock, der mit mehreren einstellbaren Klammern (f) an die Fahrschienen geklemmt wird. Satt eines Sandhaufens o.ä. sind hinter dem Prellbock noch weitere solche bremsenden Klammern (f1) in beliebiger Zahl auf die Fahrschienen geklemmt, die möglicherweise ersten Zusatzbremsen.
Zeichnung aus Patentschrift 449924 von 1925
Zusatzbremsen von Rawie
Die schon angesprochenen Bremsprellböcke mit Schleppschwellen verlangen einen verhältnismäßig hohen baulichen Aufwand. 1951 wird eine einfachere Bauart mit Bremskraftverstärkung vorgestellt, die auch in Kopfbahnhöfen und vielfach auf Stumpfgleisen in Durchgangsbahnhöfen zur Anwendung kommt.
Hinter einem Prellbock können weitere durch Gelenkbänder verbundene Zusatzbremsen angeordnet werden. In Wartestellung sind die Gelenkbänder gestreckt, bei Aufprall wird der Prellbock zunächst gegen die erste Zusatzbremse geschoben, dann Pb und 1. ZBr gegen die zweite Zusatzbremse und so weiter. Die Gelenkbänder gewährleisten, dass das beim Zurückziehen alle Komponenten des Arrangements am richtigen Platz und in den richtigen Abständen zu stehen kommen.
Es können bis zu 8 Zusatzbremspaare angeordnet werden, die Prellböcke müssen für hohe Belastungen ausgelegt sein, haben deshalb zehn Bremsorgane (Typ 10). Meist (immer ?) haben diese auch ein verstärktes Stoßdreieck wie auf der Zeichnung.
Zeichnung aus Patentschrift 837396
Das Gleis wird bei der Verwendung von Zusatzbremsen verstärkt, um Verformungen wegen der höheren Belastungen vorzubeugen. In der obigen Zeichnung von 1951 ist nur der Bereich unter und vor dem Prellbock verstärkt. In der Patentschrift 1865934 von 1962 wird empfohlen die Gleise über die gesamte Länge der Anlage zu verstärken (Zeichnungen rechts). Gesamtlänge bedeutet:
Beginn ca. 3250 mm vor der Bohle
Ende ca. 1250 mm hinter der letzten Zusatzbremse
Maße wurden von einer Rawie-Zeichnung im Maßstab 1:20 abgegriffen.
Zu der Bauart, wie sie die Gesamtansicht oben zeigt, macht der Erfinder keine bindenden Angaben. Die Einzelheiten überlässt er den Ausführenden.
Diese Zeichnung von 1962 schlägt unter den Fahrschienen noch zwei weitere Altschienen vor. Das Gesamtpaket wird über die ganze Länge verschweißt, liegt auf tiefergelegten Schwellen und wird in der Mittellage noch durch Querprofile versteift.
Aus der selben Quelle stammt die Variante, in der die untergeschweißten Altschienenpaare durch Profile I 360 ersetzt werden. Die haben 143 mm breite Flansche, genügend Platz, um die Fahrschienen aufzuschweißen.
Der Prellbock ist eine modernere Bauart - nicht aus Altstoffen sondern aus Blechen und Profilen zusammengeschweißt.
Als Laie mit ein bißchen Oberbaubildung frage ich mich, ob sich solche Langstreckenverschweißungen der Fahrschienen bewähren. Ein Schienentausch wird jedenfalls nicht ganz einfach.
Gleisverstärkungen im Modellbau
Die Variante von 1951 lässt sich im Modellbau relativ einfach darstellen. Die Verstärkungen liegen im Schotter, da reichen ein paar Winkel o.ä., die frei nach Vorgaben des Ausführenden die Anbindung der Fahrschienen andeuten können. Für die Konstruktion und die Schwellenlage können die Patentskizzen Anregungen bieten.
Fahrschienen auf I-Profilen über die ganze Anlagenlänge erfordern eine genauere Gestaltung, das Schwellenrost entfällt und das Schotterbett muss angepasst werden.
Im Maßstab 1:45 gibt es ein Modell eines Blech-Rawies mit Zusatzbremsen, bei dem keine Gleisverstärkung dargestellt oder angedeutet ist. Und ein Kleinigkeit: Für solche Anlagen werden Prellböcke mit 10 Bremsorganen gefordert, das Modell hat nur 8. Die Benennung Typ 10 hilft da nicht.
Das BZA Minden erlässt für die Verstärkungen differenzierte Richtlinien.
Abhängig von der Anzahl der Zusatzbremsen werden entweder zusätzliche Schienen auf den Schwellen verlegt (1-3 Zusatzbremsen) oder die Querschwellen werden durch Langschwellen IPN 270 (4-6 Zusatzbremsen) oder Langschwellen I 300 (7 oder 8 Zusatzbremsen) ersetzt (siehe Liste).
Meine Bedenken gegenüber aufgeschweißten Fahrschienen interessieren das BZA offensichtlich nicht. Die schmalen Flansche lassen keine (mir bekannte) andere Befestigung zu.
Im Hauptbahnhof Essen hält man doch eine lösbare Schienenbefestigung für sinnvoll. Die Langschwelle ist ein 240 mm-Breitflanschträger. Als Querverbindung sind U-Profile 200*75 eingeschraubt.
Die Fahrschienen sind Form 8-Profile, befestigt mit Kp 288 o.ä.. Bei S 49-Fahrschienen ist ein breiterer Träger eigentlich nur notwendig, wenn andere Klemmplatten (z.B. Kp 1-Restbestände vom Oberbau B) verwendet werden.
Mal sehen, ob mir so ein Beispiel mal vor die Linse kommt.
dies und das
Bremsprellböcke werden bis in die Modellepoche 4 aus Altstoffen (Länderbahnschienen, zusammengeschweißte Unterlagsplatten für die Knotenbleche) gefertigt. Laut BZA Minden erhalten sie bei Lieferung einen einmaligen nicht zu erneuernden Anstrich in Graualuminium, was man kaum glauben mag, wenn man heute noch alte Exemplare betrachten kann.
Prellböcke in Publikumsnähe (an Bahnsteigen) erhalten einen verstärkten Korrosionsschutz.
Die Bohlen sind zunächst weiß, genau wie die Merkpfähle, die den Standort in Höhe der Pufferebene kennzeichnen. Ab etwa 1970 werden sie goldgelb RAL 1004 gestrichen, genauso wie die dann geteilten Pufferklötze. Die Pfähle stehen in Aufprallrichtung gesehen rechts 1750 mm von der Gleisachse entfernt und sollen 500 mm über die Schwellenoberkannte hinausragen. Oft werden für diesen Zweck Schienenreste eingerammt. Die Markierungen zeigen den Bautrupps, wie weit der Prellbock nach einer Verschiebung zurückgezogen werden muss.
Heutzutage sieht man in der Regel zwei Markierungen stehen. Die kennzeichnen den Toleranzbereich, in dem der Gleisabschluss verschoben werden darf, bevor ein Rückholtrupp in Bewegung gesetzt wird.
Ich diskutierte mal mit einem Modellbahner, ob die Teile fertig montiert oder als Bausatz für die örtliche Bahnmeisterei geliefert werden.
Ich reiche einen Ausschnitt aus der Drucksache 800 01 des BZA Minden von Mitte der Achtziger (Nachdruck) nach, die Prellböcke aus Altstoffen behandelt.
Inzwischen bewirbt die Firma RAWIE ihre Produkte mit dem Hinweis, dass diese als Bausatz angeliefert und vor Ort von Firmenmitarbeitern aufgebaut werden.
Mein damaliger Diskussionspartner ist mir immer noch die Erklärung schuldig, wie denn Gewährleistung und Haftpflicht geregelt würden, wenn so ein Bausatz von einer Bahnmeistereirotte zusammengeschraubt wird.
Bremsprellbock von Rawie aus Altstoffen
Das Modell im Maßstab 1:32
Der oben gezeigte Prellbock im Bahnhof Rosdorf bei Göttingen ist das Vorbild. Allerdings habe ich die Knotenbleche aus Altstoffen nicht pedantisch nachgebaut, sondern nur als Inspiration genutzt.
Ich habe schon einige RAWIEs aus S 49-Profilen gebaut und wollte diesmal den zierlicheren Länderbahnschienen modellbauerisch etwas näher kommen. Eine zeichnerische Bearbeitung des S 49-Profils zeigte, dass sich mit vertretbarem Aufwand eine Annäherung an die Form 8-Schienen erreichen lässt. Eingespannt in eine Vorrichtung werden die Fußbreite und Kopfhöhe bearbeitet, um gebrauchte Schienen darzustellen, müssen die Köpfe etwas stärker befräst werden.
Für die Verschraubung werden beim Vorbild Weichen- und Laschenschrauben (unterschiedliche Kopfgrößen) verwendet. Die Schlüsselweite der Schrauben von Achim Nolte (Fine Art Engineering) passt recht gut, aber die Köpfe sind deutlich zu dick ausgefallen. Um mit den Länderbahnschienen zu harmonieren, habe ich die Köpfe abgedreht. Mit einem entsprechend erodierten Drehstahl konnte auch die gewölbte Kopfform nachgebildet werden.
Die kleineren Sechskantschrauben (M 0,6; Sw 1,0) für die Diagonal- und Querverbindungen sind ein bisschen zu groß. Aber da mir die Montage mit wirklich schraubbaren Verbindungselementen sinnvoller schien als mit maßstäblicheren Imitaten, kann ich darüber wegsehen.
Die Metallkonstruktion wurde gestrahlt und brünniert. Das Modell wurde noch mit einer leicht gebürsteten Bohle aus Eichenschwellen und einem Sh0-Signal (geätzt aus 0,1 mm Neusilber) komplettiert.
Laschenstöße müssen mindestens 3 m vor dem Prellbock liegen. Da es sich ja um eine Metallkonstruktion handelt, bot es sich an wie beim Vorbild einen Isolierstoß einzubauen. Die in den 60ern noch üblichen Hartholzlaschen finden sich auch im gesamten S 49-Bereich im Bf Rosdorf.
Modell im Maßstab 1:22,5
Das Vorbild wird von 68 Laschenschrauben M22 mit Sw 44 und 39 zusammengehalten. Dazu kommen noch 32 Stück für die Bremsorgane. Mangels Angebot habe ich die Schrauben selbst angefertigt.
Dazu habe ich mir 120 Stücke aus 3 mm-Rundmessing geschnitten, ausreichend lang, dass sie bei der Bearbeitung eingespannt werden können. Die Stücke erhalten auf der Drehmaschine einen 1mm Zapfen und Gewinde. Die Vierkantköpfe werden gefräst und zuletzt mit der Wölbung fertiggedreht.
Quellen:
Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens 1894, 1910, 1911
Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 13. Ergänzungsband 1903
Die Welt auf Schienen, Artur Fürst 1918; verfügbar als The Project Gutenberg eBook
Elsners Taschenbuch für den Bautechnischen Eisenbahndienst 1957, 1959
Ds 800 01 BZA Minden, digitaler Nachdruck
Deutsches Patent- und Markenamt, Angaben im Text